Story

Das erste wichtige Datum, das mir einfällt, ist der 18.08.1962, an diesem Tag wurde der Familienälteste, unser Papa, Hubert, geboren. Kurz danach, am 31.03.1964 unsere Mama Renate. Papa hatte schon immer eine Leidenschaft für motorisierte Zweiräder und fuhr und tunte diese schon in einem sehr jungen Alter. Vom Mofa übers Moped und dem Crosser, bis hin zum ersten richtigen Motorrad. Und natürlich kommt die Leidenschaft für den Motorsport nicht von ungefähr. Papa ist in den achtziger Jahren schon erfolgreich Grasbahnrennen gefahren, national wie auch international!

Irgendwann Mitte der achtziger Jahre lernte er dann unsere Mama kennen, die früher immer mit ihrem VW Käfer rumgeflitzt ist und das eine oder andere Mal auch schon mal im Acker stand…möglicherweise lag das auch an einer Fahrweise, bei der das Limit des Käfers, überstrapaziert wurde?! Also zu diesem Zeitpunkt jedenfalls arbeiteten die beiden noch in einem „normalen“ Beruf, sie opferten also noch nicht alles für ihren späteren Traum, ein eigenes Geschäft. Mama machte ihre Lehre im sogenannten KK bzw. Kaufhaus Kraus in Lahr (gibt es heute nicht mehr) und arbeitete dort dann auch im Verkauf. Papa wollte seine Begeisterung zum Handwerk auch beruflich ausüben und machte so eine Ausbildung zum Maschinenbaumechaniker bei einer kleinen Firma und arbeitete danach eine Weile bei der Firma INA, welche für die Produktion von Kugellagern und weiteren ähnlichen Produkten sehr bekannt ist und heute zu den Schaeffler-Werken gehört.

Es stand dann aber relativ schnell fest, dass die beiden ihren eigenen Laden aufbauen möchten. Es gab da auch so eine Location, die wohl ganz interessant war bzw. auch heute noch ist. Auf dem, nicht gerade kleinen, Grundstück, auf dem wir auch heute noch leben, gibt es nämlich schon seit einer Ewigkeit ein wunderschönes Mühlengebäude, in dem mein Opa, also der Vater meines Vaters, und dessen Vorfahren, seit mehreren Generationen dem Beruf des Müllers nachgegangen sind und aus Korn Mehl gemacht haben.

Die „Rubin-Mühle“ ist für viele auch heute noch ein Begriff, jedoch leider oder vielleicht auch zum Glück, wird in unserer „Mühle“ heute kein Mehl mehr hergestellt. Grund dafür war, wie auch für viel weiteres Elend, der zweite Weltkrieg. Mein Opa musste, wie die meisten jungen Männer, an die Front und für das „Deutsche Vaterland“ kämpfen. Er kam dann nach einer harten Zeit, sowohl an der Front, als auch nach dem Krieg noch in Gefangenschaft, zurück. Die Mühle war nach dem Krieg nur noch ein braches Gebäude. Auch das E-Werk, das 1934 erbaut wurde, wurde teilweise zerstört. Heute wird jedoch immer noch durch Wasserkraft unser eigener Strom produziert. Es war also eine leere Mühle und der Wunsch meiner Eltern, ein eigenes Geschäft aufzubauen.

Es wartete ein Haufen Arbeit auf sie und ein riesen Budget stand natürlich auch nicht zur Verfügung. Also wurde selbst Hand angepackt, Mama strich alle Wände was das Zeug hält und Papa richtete die Werkstatt nach und nach ein. Die Renovierungsarbeiten und auch das Motorentuning in der mechanischen Werkstatt liefen auf Hochtouren und am 23.01.1988 machte die Geburt meiner Schwester Stefanie meine Eltern bestimmt sehr glücklich.


Im März 1989 wurde das Motorradgeschäft mit dem Namen Motorrad Rubin dann offiziell eröffnet. Papa arbeitete viel und engagiert in seiner mechanischen Werkstatt und betreute einen Fahrer der mit einer Suzuki in der Deutschen Meisterschaft um den Titel kämpfte. Suzuki Deutschland erkannte die gute Arbeit von Papa und so wurden Papa und Mama schnell Vertragshändler für Suzuki. Und wie Mama und Papa immer über die alten Zeiten berichten, war das Motorradgeschäft sowohl im Verkauf als auch in der Werkstatt in den 90ern sehr erfolgreich.

So kamen nach und nach die Marken KTM, MV Agusta und weitere Marken dazu. Parallel wuchs ein Talent heran. Steffi fuhr mit zwei oder drei Jahren schon auf einem kleinen Moped, trainierte immer fleißig und wollte dann unbedingt Rennen fahren. Wie der Vater so die Tochter, ging Steffi mit fünf oder sechs Jahren das erste Mal bei einem Grasbahn- und auch Speedwayrennen an den Start. Das kleine Mädel war vom ersten Rennen an für die Konkurrenz, meist nur Jungs, ein Dorn im Auge und bei den Zuschauern war sie sehr beliebt, da sie so ein talentiertes Mädchen war. In den folgenden Jahren folgten viele Siege und im jungen Alter von zwölf Jahren wurde sie Deutscher Meister und ein Jahr später erneut! Kurz darauf folgte jedoch ein schwerer Schicksalsschlag. Steffi stürzte bei einem Rennen schwer und zog sich schwere Kopfverletzungen zu. Folge war künstliches Koma und ein paar Wochen bzw. sogar Monate bis Steffi wieder einigermaßen Fit war.

Für viele Außenstehende schwer zu verstehen aber für Steffi der größte Wunsch war es, dass sie etwa ein knappes Jahr nach ihrem Unfall, wieder an den Start gehen wollte. Ihr Talent und der unbändige Wille sorgte dafür, dass es dann so kam, was für Mama und Papa sicher keine einfache Entscheidung war. Kein halbes Jahr später dann der Moment, in dem jedem das Herz stockte. Steffi ging erneut zu Boden. Mit diesem Moment war die Rennfahrerkarriere eines jungen Talents schon mit 14 Jahren beendet. Steffi verletzte sich so schwer, dass eine lange Zeit verging bis sie wieder einigermaßen genesen war. Eine harte Zeit für die ganze Familie, vor allem natürlich für Papa und Mama. Steffi erholte sich nach und nach und war nach einiger Zeit wieder genesen. Ich kann mich an diese Zeit nur noch schwach erinnern, da ich noch zu klein war.

Ich, Dominik, wurde am 4.3.1997 und mein Bruder Daniel nur ein Jahr später am 7.4.1998 geboren. Wir verbrachten schon von klein auf viel Zeit im Geschäft bei den Motorrädern und wuchsen in einer rennsportverrückten Familie auf. Mit fünf oder sechs Jahren durften wir dann auch das erste Mal aufs kleine Mopedle. Klar war aber, wir dürfen keine Rennen fahren. Also fuhren wir die ganze Zeit bei uns im Garten herum. Ab ca. 2006 fuhr Papa dann regelmäßig auf Rennstrecken wie z.B. dem Hockenheimring und fand darin sein neues Hobby. Wir begleiteten Papa und schauten ihm beim Fahren zu, für uns war aber klar, wir wollen da auch fahren. Nebenbei erwähnt, ich spiele seit meinem sechsten Lebensjahr Handball und Dani hat bis vor 4 Jahren Fußball gespielt, konzentriert sich jetzt aber auf seine Muskeln ;) 2010 war es dann endlich so weit.


Wir sind das erste Mal mit einer Cagiva Mito 125 mit ca. 25 PS auf dem Rheinring/Anneau du Rhin zusammen mit einem Instruktor gefahren und haben uns direkt in die Rennstrecke verliebt. Wir hatten zufällig eine gebrauchte R6 im Geschäft stehen und ich durfte beim zweiten Mal Rennstrecke schon mit einem 120 PS Bike auf die Rennstrecke. Dani musste sich noch eine Weile mit der 125er begnügen. Jedoch bekam er 2011 eine Yamaha TZ 125, ein richtiges Rennmotorrad, mit dem in den 90er Jahren Rennen gefahren wurde.

Nach einem knappen Jahr und einigen Renntrainings durfte Dani dann auch das erste Mal die R6 pilotieren. Die folgenden Jahre waren wir dann regelmäßig mit Papa auf der Rennstrecke und verbesserten uns immer weiter. Ende 2013 stellten wir Papa und Mama dann vor die Wahl. Entweder wir dürfen Rennen im R6-Cup fahren, was für uns schon immer der größte Traum war oder wir hören auf mit dem „Rennstrecken-Rumgefahre“. Mutige Worte von zwei 15 und 16 jährigen, pubertierenden Teenagern. R6-Cup? Geht das überhaupt aus zeitlicher und finanzieller Sicht? Papa, Mama und Steffi mit zwei Mechanikern im Geschäft, und dann noch im Sommer jedes zweite Wochenende auf einem Rennen oder Training?

Ich hatte 2013 meinen Realschulabschluss gemacht und besuchte jetzt noch drei Jahre ein Gymnasium. Dani stand kurz vor seinem Realschulabschluss und für ihn stand fest, dass er danach eine Lehre zum Zweiradmechatroniker bei uns in der Werkstatt machen will. Schlussendlich haben wir uns dazu entschlossen, uns im R6-Cup anzumelden, und zwar uns beide! Das war für uns schon ein Sprung ins kalte Wasser, viel Neues, ein starkes und mit 30 bis 40 Mann, auch sehr volles Starterfeld. Aber wir packten es an, richteten unseren Transporter und den Wohnwagen, mit dem Steffi früher schon auf den Rennen war, bereiteten die Motorräder und alle weiteren Sachen, die fürs Rennen fahren notwendig sind und fuhren zu den acht Rennen in ganz Deutschland, sowie Belgien und Holland.

Wir sammelten von Rennen zu Rennen verschiedene, neue Erfahrungen, positive wie negative, Stürze gehören beim Ertasten des eigenen Limits auch dazu. Da wir von nun an viel auf Rennen und Trainings unterwegs waren und wir mittlerweile auch schneller waren als Papa, gab er uns zu Liebe sein Hobby auf, um sich voll auf uns zu konzentrieren. Dann war das erste Cup-Jahr mit einigen ersten kleinen Erfolgserlebnissen auch schon vorbei und die Vorbereitungen fürs zweite Jahr waren schon auf Hochtouren. Im zweiten Jahr wurden wir immer schneller, stürzten jedoch auch ein paar Mal, weil wir zu schnell zu viel wollten. Erste Top 10 Ergebnisse und auch der Anschluss an die Top 5 gelang uns im Laufe der Saison. Drittes Jahr, keine Stürze, schnelle Rundenzeiten, Dani immer auf dem Podium, ich in den Top 5, Highlight. Hockenheim. Beim Heimrennen Dani auf Platz 1 und ich auf Platz 3. Wir beide zusammen auf dem Podium. Als Anerkennung für seine guten Leistungen bekam Dani von Yamaha Deutschland eine neue R6 mit allen Racingteilen mit der er dann in der Supersport 600 IDM fahren kann. So beschlossen wir, dass wir beide in dieser Klasse fahren werden. 2017 sammelten wir viele neue Erfahrungen, der Speed wurde auch immer schneller und die Konkurrenz natürlich viel stärker. 2018 möchten wir die gesammelten Erfahrungen nutzen und unsere Leistungen steigern.

(Verfasst von Dominik Rubin)


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